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Zur skandalösen Nichtzulassung meiner Verfassungsbeschwerde gegen § 217 StGB

Prof. Dr. Wolfgang Klosterhalfen, 40599 Düsseldorf, In der Donk 30
Letzte Überarbeitung: 28.1.2019, E-Mail: wk@reimbibel.de
Dieser Text im Internet: www.reimbibel.de/217nz.pdf

„Stets findet Überraschung statt, wo man sie nicht erwartet hat.“ Nach den Verfassungsorganen Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung,
Bundeskanzler und Bundespräsident hatte sich zunächst auch das Bundesverfassungsgericht Ende 2015 bei der Ablehnung eines Eilantrags hinter den verfassungswidrigen § 217 StGB gestellt und sich dessen (aus meiner Sicht vorgeschobener) Begründung angeschlossen. Nicht zuletzt durch Bundesrichter Johannes Masing, der für den befangenen Richter Peter Müller einspringen musste, hat sich inzwischen aber das Blatt gewendet. Spätestens seit dem 17. April 2019 (2. Tag der mündlichen Verhandlung) ist anzunehmen, dass der Zweite Senat § 217 für verfassungswidrig erklären wird. Diese „schallende Ohrfeige“ haben sich die Damen Göring-Eckhardt, Griese, Högl, Merkel, Vogler sowie die Herren Augsberg, Bedford-Strohm, Brand, Brysch, Gauck, Gröhe, Huber, Marx, Sitte, Spahn und viele weitere 217-Initiatoren und Befürworter redlich verdient.

Nun ist allerdings zu befürchten, dass durch eine neue gesetzliche Regelung der ärztlich unterstützte Suizid zwar wieder im Prinzip möglich gemacht wird, aber das ärztliche Standesrecht, ein staatlich kontrolliertes Prüfverfahren und christliche Fundamentalisten weiterhin dafür sorgen werden, dass sich an der katastrophalen Lage in Deutschland (jährlich zigtausende Fälle von unnötig in die Länge gezogenem Leiden vor dem Tod, 10.000 meist fürchterliche Suizide und 100.000 missglückte Suizidversuche) erst mal nicht viel ändern wird.

Der religiös und finanziell motivierte, undemokratische, unzureichend begründete,
schlecht verständliche, weitgehend überflüssige und in seinen Folgen extrem
schädliche § 217 StGB https://dejure.org/gesetze/StGB/217.html, der angeblich das
Leben und die Autonomie von alten und/oder kranken Menschen schützen soll
https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/053/1805373.pdf S.2, verbietet seit Ende
2015 die „geschäftsmäßige“, d.h. auf Wiederholung angelegte Suizidhilfe.

§ 217 zwingt suizidwillige terminal kranke Menschen, gegen ihren Willen weiter zu
leben und zu leiden oder vorzeitig und einsam zu einer unsicheren oder brutalen
Suizidmethode (wie Strick, Pistole, Hochhaus, Bahn) zu greifen und dadurch sich
selbst und oftmals auch andere Menschen (Angehörige, Freunde, Nachbarn,
Lokführer, Spaziergänger, Autofahrer usw.) schwer zu schädigen oder in einzelnen
Fällen sogar zu töten (sog. Mitnahmesuizide).

Jährlich sterben in Deutschland etwa 900.000 Menschen. Wegen der fürchterlichen
Folgen dieses inhumanen und von den meisten Bürgern abgelehnten Gesetzes auf
vermutlich mehrere tausend Menschen pro Jahr betrachte ich § 217 als ein
Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Kirchenfunktionäre, Politiker usw. hindern
dreist ausschließlich solche Menschen am selbstbestimmten Sterben, deren Weltanschauung ihnen einen Bilanzsuizid nicht verbietet. Strenggläubige Christen,
Muslime und Juden werden hingegen durch § 217 nicht daran gehindert, nach ihrer
Fasson zu sterben.

Als noch relativ gesunder 71-jähriger Bürger habe ich wegen gegenwärtiger und der
Gefahr zukünftiger eigener schwerer Nachteile durch § 217 StGB und dessen Folgen
eine 110-seitige Verfassungsbeschwerde eingelegt (Az. 2 BvR 2507/16, Text hier:
www.reimbibel.de/Bundesverfassungsgericht-Beschwerde-217-StGB.pdf).
Diese gut begründete Beschwerde wurde am 20.7.2017 von der 2. Kammer des
2. Senats (Richter/innen Huber, Kessal-Wulf, König) des Bundesverfassungsgerichts
(BVerfG) nicht zugelassen:

„Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Sie erfüllt
nicht die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG. Die Verfassungs-
beschwerde ist mangels unmittelbarer (BVerfGK 8, 75 <76>; 15, 491 <502>) und
gegenwärtiger Beschwer (BVerfGE 1, 97 <102>; 43, 291 <385 f.>; 60, 360 <371>; 74,
297 <319>; 114, 258 <277>) unzulässig.“
http://www.bverfg.de/e/rk20170720_2bvr250716.html

Dieser Beschluss ist Stuss. Ich halte diesen Beschluss für rechtswidrig. Er ist weder mit § 93a Abs. 2
Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) vereinbar noch mit Entscheidungen des
BVerfG zur Feststellung von Unmittelbarkeit oder Gegenwärtigkeit der Beschwer.
Meine Beschwerde erfüllt alle drei in § 93a Absatz 2 BVerfGG genannten
Bedingungen, und eine Verfassungsbeschwerde muss – bei Erfüllung sonstiger
Bedingungen – schon dann zugelassen werden, wenn nur eine dieser
Voraussetzungen gegeben ist.
Ferner wird die vom BVerfG geforderte Unmittelbarkeit und Gegenwärtigkeit der
Beschwer, die weder in § 93a noch an anderer Stelle im BVerfGG www.gesetze-im-
internet.de/bverfgg/BVerfGG.pdf gefordert wird, der Tatsache nicht gerecht, dass
§ 217 Grundrechte von Suizidhilfe suchenden Bürgern einschränkt und diese
Verletzungen von Freiheitsrechten eine indirekte, erst in der Zukunft, nämlich am
Ende des Lebens, zu erwartende Folge dieses Gesetzes sind.

§ 93a BVerfGG lautet:
(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung.
(2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen,
a) soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,
b) wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies
kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der
Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.
Aus den folgenden Gründen könnte es sich bei der Nichtzulassung meiner
Verfassungsbeschwerde um Rechtsbeugung (§ 339 StGB) handeln.
https://dejure.org/gesetze/StGB/339.html

1. Meiner Beschwerde kam grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu.
Die politisch sehr wichtige Frage, ob bzw. wie weit das Selbstbestimmungsrecht von
freiverantwortlich handelnden Bürgern, die sich bei ihrem Suizid kompetente Hilfe
wünschen, durch ein Gesetz eingeschränkt werden darf, war zum Zeitpunkt meiner
Beschwerde noch nicht vom BVerfG entschieden worden.

2. Meine Beschwerde war zur Durchsetzung von Grundrechten angezeigt.
Wie ich in Abschnitt 7 (S. 96-102) meiner Beschwerde dargestellt habe, verletzt § 217
eine ganze Reihe meiner Grundrechte, vor allem solche, die individuelle
Freiheitsrechte garantieren: www.reimbibel.de/GR.pdf .

3. Mir sind bei der Versagung der Entscheidung zur Sache besonders schwere
Nachteile entstanden. Siehe Abschnitt 5, S. 89-93, meiner Beschwerde.

4. Die vom BVerfG geforderte Unmittelbarkeit und Gegenwärtigkeit der Beschwer
wird dem von der deutschen (z.B. BVerwG) und der europäischen Justiz (EGMR)
anerkannten Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben nicht gerecht.
Bei seiner rigiden Anwendung der Kriterien „Unmittelbarkeit“ und „Gegenwärtigkeit“
der Beschwer, hat das BVerfG ignoriert, dass die schwersten negativen Folgen des
Gesetzes nicht Suizidhelfer, Suizidhilfe-Organisationen, Palliativmediziner,
Onkologen, Pfleger und weitere Mediziner betreffen, sondern mittelbar und
zukünftig jetzt noch nicht sterbenskranker Bürger treffen können. § 217 kann mir und
tausenden anderer Menschen durch die Bedrohung von professionellen Suizidhelfern
zu einem unbekannten Zeitpunkt in der Zukunft besonders schwere Nachteile
bringen, nämlich dann, wenn es zu einem Zustand schweren Leidens vor dem Tod
kommt, der durch Suizid beendet werden soll, und § 217 den Zugang zu
professioneller Suizidhilfe versperrt.

5. Ich war als unmittelbar Betroffener anzusehen.
a) Ich werde durch § 217 unmittelbar mit Strafe bedroht, wenn ich einem Bekannten
beim Suizid helfe. Dies Problem habe ich in Abschnitt 5.10 auf Seite 92 meiner
Verfassungsbeschwerde erläutert. Das BVerfG hat dies ignoriert. Da ich mich seit
2014 öffentlich für die Selbstbestimmung am Lebensende, den ärztlich assistierten
Suizid und gegen § 217 ausspreche, besteht einige Wahrscheinlichkeit, dass sich ein
Suizidwilliger an mich wenden wird, ich diesem helfen möchte, aber § 217 mich als
„Überzeugungstäter“ schon bei einer ersten Hilfeleistung mit Strafe bedroht.

b) Unmittelbarkeit liegt immer dann vor, wenn der Nachteil ohne weiteren
Verwaltungsakt eintreten kann (z.B. BVerfGE 115, 118 <137>). Von § 217 bin ich
unmittelbar betroffen, weil die von mir eventuell benötigte professionelle Suizidhilfe
durch § 217 verboten wurde und dieser für mich nachteilige Umstand ohne zusätzlichen Verwaltungsakt, gegen den ich mich juristisch wehren könnte, eintreten
kann.

c) Das BVerfG hat bei seiner Nichtzulassung meiner Beschwerde auf Fälle verwiesen,
bei denen die Beschwerdeführer nach Ansicht des Gerichts nicht durch die beklagte
Vorschrift mit Strafe bedroht waren: BVerfGK 8, 75 <76>; 15, 491 <502>.
Die Nichtzulassung meiner Beschwerde mangels Unmittelbarkeit der Beschwer steht
jedoch in Widerspruch zu früheren Entscheidungen des BVerfG, denn um von einem
Gesetz betroffen zu werden, ist es laut BVerfG gar nicht nötig, unmittelbarer Adressat
des Gesetzes zu sein (BVerfGE 50, 290, <320f>). Zum Beispiel sind von gesetzlich
geänderten Ladenschlusszeiten auch Kunden betroffen: „Formell sind zwar
Adressaten des Gesetzesbefehls nicht die Beschwerdeführerinnen, sondern die
Inhaber der Verkaufsstellen, denen die Schließung ihrer Läden zu bestimmten Zeiten
auferlegt wird. Die Einwirkung dieser Maßnahme auf die Handlungsfreiheit der
Beschwerdeführerinnen geht aber über eine bloße Reflexwirkung hinaus. Die an den
Ladeninhaber gerichtete Norm hindert zwangsläufig die Kundschaft am Einkauf, wirkt
also wie ein unmittelbar an diese gerichteter Gesetzesbefehl.“ (BVerfGE 13, 232f). Das
Beharren auf Unmittelbarkeit ist daher in meinem Fall ein Akt richterlicher Willkür.

d) Das BVerG hat bei der Ablehnung des Eilantrags von vier Mitgliedern von StHD
festgestellt: „Die Verfassungsbeschwerde ist weder von vornherein unzulässig noch
offensichtlich unbegründet.“ https://bit.ly/1XnrsnJ Rn. 11 Es hat dabei auf seine
übliche Forderung nach einer Unmittelbarkeit der Beschwer verzichtet bzw. die
Kläger als unmittelbar betroffen anerkannt.

6. Ich war als gegenwärtig Betroffener anzusehen
a) Ich war und bin insofern schon gegenwärtig betroffen, als ich nicht mehr
vorsorglich mit einem Suizidhilfeverein oder einem einzelnen erfahrenen Suizidhelfer
Verabredungen für den Fall treffen kann, dass ich am Ende meines Lebens
professionelle Suizidhilfe brauche. Ich habe dies in Abschnitt 5.6. auf Seite 91 meiner
Beschwerde dargelegt. Das BVerfG hat dies ignoriert.

b) Die Verfassungsbeschwerde ist nur zulässig, „wenn der beschwerdeführende
Staatsbürger durch die Norm in einem seiner Grundrechte verletzt sein kann.“
(BVerfGE 60, 370). Die Voraussetzung der eigenen und gegenwärtigen Betroffenheit
ist grundsätzlich erfüllt, wenn der Beschwerdeführer darlegt, dass er mit einiger
Wahrscheinlichkeit durch die auf den angegriffenen Vorschriften beruhenden
Maßnahmen in seinen Grundrechten berührt wird: „Von einer gegenwärtigen
Betroffenheit geht das Bundesverfassungsgericht aber auch dann aus, wenn … klar
abzusehen ist, daß und wie der Beschwerdeführer in der Zukunft von der Regelung
betroffen sein wird.“ (BVerfGE 74, 297, <320>)

In meinem Fall ist klar abzusehen, dass und wie ich in Zukunft betroffen sein könnte.
Es ist zwar nicht sicher, dass ich am Lebensende betroffen sein werde, eine
Möglichkeit dazu besteht aber mit erheblicher Wahrscheinlichkeit. Zum Beispiel durch Krebs, Multimorbidität und/oder starke Gebrechlichkeit. Diese Möglichkeiten
und die entsprechende Bedrohung durch § 217 wurden zu Unrecht vom BVerfG
ausgeschlossen. Das BVerfG hat sich stattdessen an einem Urteil aus dem Jahre 1951
orientiert. In dieser mir entgegen gehaltenen Entscheidung heißt es:
„Ob eine gegenwärtige („aktuelle“) Verletzung des Beschwerdeführers vorliegt, kann
nur von Fall zu Fall entschieden werden. Jedenfalls aber ist die – in anderer Hinsicht
vergleichbare – Praxis des schweizerischen Bundesgerichts zu Art. 113 der Schweizer
Bundesverfassung auf die deutsche Verfassungsbeschwerde insoweit nicht
übertragbar. Nach dieser schweizerischen Praxis braucht der Beschwerdeführer nur zu
behaupten, daß er irgendwann einmal in der Zukunft („virtuell“) von der gerügten
Gesetzesbestimmung betroffen werden könnte … Da ein „virtuelles“ Betroffen-werden
des Staatsbürgers fast stets zu bejahen wäre, würde die Übernahme dieser Praxis die
Verfassungsbeschwerde – entgegen dem Sinn des Gesetzes über das
Bundesverfassungsgericht – im Ergebnis doch zu einer Popularklage ausweiten.“
(BVerfGE 1, 97 <102>)

Unter Berücksichtigung des BVerfGG und der ständigen Rechtsprechung des BVerfG
hätte die 2. Kammer erkennen müssen, dass ich selbst, unmittelbar und gegenwärtig
betroffen war und bin. Stattdessen hat sie meine „Beschwer“ als „virtuell“ und meine
Beschwerde als „actio popularis“ abqualifiziert. Diese Begriffe werden in den ersten
vier, der fünf mir entgegen gehaltenen Senatsentscheidungen (BVerfGE) verwendet,
und die fünfte stellt – unter Bezug auf die ersten vier – dazu fest:
„Gegenwärtig ist die Betroffenheit, wenn die angegriffene Vorschrift auf die
Rechtsstellung des Beschwerdeführers aktuell und nicht nur potentiell einwirkt, wenn
das Gesetz die Normadressaten mit Blick auf seine künftig eintretende Wirkung zu
später nicht mehr korrigierbaren Entscheidungen zwingt oder wenn klar abzusehen
ist, dass und wie der Beschwerdeführer in der Zukunft von der Regelung betroffen sein
wird (vgl. BVerfGE 97, 157 [164]; 102, 197 [207]). Allein die vage Aussicht, dass er
irgendwann einmal in der Zukunft von der beanstandeten Gesetzesvorschrift
betroffen sein könnte, genügt hingegen nicht (vgl. BVerfGE 1, 97 [102]; 43, 291
[385f];60, 360 [371]; 74, 297 319]).
Ein Betroffenwerden von § 217 im Sinne einer Einschränkung des Rechts, dass ich
selbst bestimmen kann, wann und wie ich sterbe, ist in meinem Fall nicht
auszuschließen. Zur Veranschaulichung ein Beispiel: Beschwerdeführer waren laut
BVerfG von der Gefahr, in einem von Terroristen entführten Flugzeug abgeschossen
zu werden, selbst und gegenwärtig betroffen (BVerfGE 115, 118, <137>) . Es ist klar
abzusehen, dass ich in Zukunft in eine qualvolle und aussichtslose Lage kommen
kann, in der ich professionelle Suizidhilfe benötige, aber wegen § 217 nicht erhalten
kann. Sollte dieser Fall eintreten, werde ich nicht „virtuell“, sondern real betroffen
sein. Dass ich – wie die Kläger im obigen Beispiel – den Eintritt einer solchen Lage
weder mit Sicherheit noch zeitlich genau angeben kann, liegt in der Natur des
menschlichen Lebens (mors certa, hora incerta), ist mir daher nicht anzulasten und
mindert nicht den möglichen schweren Nachteil, der mir durch § 217 droht.
Das BVerfG hat mit zweierlei Maß gemessen, indem es den sehr unwahrscheinlichen
Fall einer zukünftigen Entführung eines Flugzeugs mit dem Ziel, dies als eine tödliche
Waffe zu verwenden, als eine reale Möglichkeit in der Zukunft angesehen, die
Tatsache, dass ich durch § 217 schon gegenwärtig in meiner Rechtsposition
beeinträchtig und mit einer viel größeren Wahrscheinlichkeit als häufige Fluggäste in
Zukunft schwer geschädigt werde, aber als eine vage Aussicht und nur „virtuelle“
Betroffenheit eingestuft hat.

c) Das BVerG hat bei der Ablehnung des Eilantrags von vier Mitgliedern von StHD
festgestellt: „Die Verfassungsbeschwerde ist weder von vornherein unzulässig noch
offensichtlich unbegründet.“ https://bit.ly/1XnrsnJ Rn. 11 Es hat dabei auf seine
übliche Forderung nach einer Gegenwärtigkeit der Beschwer verzichtet bzw. die
Kläger als gegenwärtig betroffen anerkannt.

Es ist skandalös, dass das BVerfG (und später auch der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte: www.reimbibel.de/ECHR.pdf ) einem noch relativ gesunden Bürger
(und damit allen sich durch § 217 bevormundet fühlenden, aber noch nicht
sterbenskranken Bürgern) das Recht abgesprochen, sich rechtzeitig (innerhalb der
einjährigen Beschwerdefrist) gegen eine mit einiger Wahrscheinlichkeit in Zukunft
eintretende schwerwiegende Verletzung seiner Grund- und Menschenrechte durch
ein Strafgesetz juristisch zur Wehr zu setzen.
Da nicht anzunehmen ist, dass es den drei Richter/inne/n der 2. Kammer an
Intelligenz mangelt, vermute ich, dass nicht nur bei den vier Verfassungsorganen, die
bisher § 217 zugestimmt haben (Bundesregierung, Bundestag, Bundesrat,
Bundespräsident), sondern auch beim fünften Verfassungsorgan, dem BVerfG, im
Umgang mit § 217 religiöse Voreingenommenheit eine entscheidende Rolle spielt
und die Fähigkeit zum Nachdenken und gerechten Urteilen einschränkt.
(Zur befremdlichen Nähe vieler Bundesrichter/innen zu den Kirchen siehe
www.reimbibel.de/Richter-Kirchen.pdf , zur Nähe des 18. Deutschen Bundestags zu
den Kirchen www.reimbibel.de/217c.htm ).

Falls mindestens vier Mitglieder des 2. Senats des BVerfG vorhaben, § 217 StGB
durchzuwinken, wäre mit meiner Beschwerde möglicherweise der größte
Stolperstein auf dem Weg dahin aus dem Weg geräumt. Denn die Einschränkung der
Freiheit aus vernünftigen Gründen suizidwilliger Menschen durch § 217 bei
gleichzeitig fraglichem Nutzen des Gesetzes wäre zwar nicht der einzige, aber der
wichtigste Grund, bei einer Güterabwägung „hypothetischer Lebensschutz vs.
Freiheitsberaubung am Lebensende“ die verletzten Freiheitsrechte als höherwertig
anzusehen.

Falls in der Beschwerde der Mitglieder von Sterbehilfe Deutschland e.V. ebenso wie
im Eilantrag nicht hinreichend die Schwächen des § 217 dargelegt wurden, ist dieser
Antrag leicht zurückzuweisen. Außerdem ist nicht sicher, dass noch zumindest ein
Antragsteller bis zur Urteilsverkündung leben wird. Von weiteren Bürgern, die wegen
Verletzung ihres Rechts, über Art und Zeitpunkt ihres Todes selbst zu entscheiden, in gut begründeter Weise geklagt haben, ist mir nichts bekannt. Die Beschwerden von
Sterbehelfern und Medizinern halte ich für berechtigt. Dass sie aber alleine dazu
führen werden, dass das BVerfG § 217 für verfassungswidrig erklärt, glaube ich nicht.

Ich behalte mir vor, zumindest gegen die Bundesrichterin Kessal-Wulf (derzeitige
Vorsitzende der 2. Kammer), die ihre Voreingenommenheit in Hinblick auf § 217
schon zuvor durch hanebüchene „Argumente“ bei der Ablehnung eines Eilantrags von
vier Mitgliedern von Sterbehilfe Deutschland e.V. (von denen schon zwei verstorben
sind!) gezeigt hat (s. https://bit.ly/2LOBgZj ), Strafanzeige wegen Rechtsbeugung zu
erstatten und verweise dabei auf die folgenden Passagen in zwei neueren
Entscheidungen des BVerfG:

„Ein Anspruch auf eine effektive Strafverfolgung kann auch dort in Betracht kommen,
wo der Vorwurf im Raum steht, dass Amtsträger bei Wahrnehmung hoheitlicher
Aufgaben Straftaten begangen haben, weil ein Verzicht auf eine effektive Verfolgung
solcher Taten zu einer Erschütterung des Vertrauens in die Integrität staatlichen
Handelns führen kann. In diesen Fällen muss bereits der Anschein vermieden werden,
dass gegen Amtswalter des Staates weniger effektiv ermittelt wird oder dass insoweit
erhöhte Anforderungen an eine Anklageerhebung gestellt werden.“
(BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Juni 2014
– 2 BvR 2699/10, Rn. 11 www.bverfg.de/e/rk20140626_2bvr269910.html)

„a) Die einschränkende Auslegung des § 339 StGB, nach der sich ein Richter einer
Rechtsbeugung nur schuldig mache, wenn er sich „bewusst in schwer wiegender
Weise von Recht und Gesetz entfernt“ (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 – 2 StR
479/13 -, BGHSt 59, 144 <147 Rn. 9> m.w.N.), wahrt die Unabhängigkeit des Richters.
Weil dem Richter die besondere Bedeutung der verletzten Norm für die
Verwirklichung von Recht und Gesetz im Tatzeitpunkt bewusst gewesen sein muss, ist
sichergestellt, dass eine Verurteilung nicht schon wegen einer – sei es auch bedingt
vorsätzlichen – Rechtsverletzung erfolgt, sondern erst dann, wenn der Richter sich bei
seiner Entscheidung nicht allein an Gesetz und Recht orientiert.“
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2016/07
/rk20160714_2bvr066116.html Rn. 19

Meine Beschwerden und Texte gegen § 217 StGB: s. www.reimbibel.de/217.htm.

Cartoon mit freundlicher Genehmigung von Rolf Heinrich



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